Der Rat der Stadt Lüneburg hat im Dezember 2021 beschlossen, dass Lüneburg bis 2030 klimaneutral werden soll. Dafür sind auch Maßnahmen im Bereich Verkehr nötig.
Bei der Auswertung unseres Stadtspaziergangs am 2. Juli 2022 hat sich gezeigt: Es ist Zeit, dass der Fußverkehr in Lüneburg in seiner Bedeutung als vierte Säule der Mobilität wahrgenommen und ernsthaft gefördert wird.
Fünf erste Schritte für den Fußverkehr in Lüneburg
Die folgenden Maßnahmen tragen dazu bei - noch bevor aufwändige bauliche Veränderungen vorgenommen werden.
1. Hürden und Barrieren abbauen - ausreichendes Platzangebot sichern
2. Fuß- und Radverkehr entflechten
3. Sicherheit von Fuß- und Radwegen verbessern
4. Konzept für den Fußverkehr in der Hansestadt entwickeln und Beauftragte für Fuß- und Radverkehr ernennen
5. Fahrgastbeirat für den Busverkehr einrichten
Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Bedeutung des Fußverkehrs in die Wahrnehmung zur rücken, Barrieren zu reduzieren und das Gehen in Lüneburg sicher und angenehm zu gestalten.
Solche Maßnahmen sind dringend. Das haben die Auseinandersetzungen zu dem neuen Buskonzept gezeigt, aber auch die Begehung zum Grünband Innenstadt am 2. Juli 2022.
Die fünf Schritte
Praktisch jeder Weg beginnt und endet zu Fuß. Gut ausgebaute Rad- und Fußwege motivieren Menschen, zu laufen und radzufahren. Deshalb soll das zu Fuß Gehen und Radfahren so angenehm und attraktiv wie möglich gestaltet werden, so der Klimaschutzplan der Hansestadt Lüneburg (August 2021, S. 77 und 90).
Fußverkehr muss - stärker als die anderen Verkehrsarten - inklusiv gedacht werden: Auch Kinder, Bewegungsbehinderte, Menschen mit Kinderwagen, Blinde, Schwerhörige sollen sich sicher, zuversichtlich und ohne Hürden auf den Gehwegen bewegen können.
1. Hürden und Barrieren abbauen - ausreichendes Platzangebot sichern
“Gehwege sollen grundsätzlich mit dem Regelmaß von 2,50 Meter Breite geplant werden.”
Die Bundesregierung: Geh-rechte Verkehrsplanung (22.10.2020) – https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/faq-fusswegeplanung-1800308
Erläuterung: “Ein einzelner Fußgänger benötigt mindestens eine Breite von 0,8 Meter. Gehen zwei Fußgänger nebeneinander, so beträgt der Breitenbedarf bereits 1,80 Meter.” Mit entsprechenden Zuschlägen “ergibt sich eine Mindestgehwegbreite von 2,50 Meter. Erst ab dieser Breite ist eine ungehinderte Begegnung von zwei Fußgängern möglich.”
FIS Forschungs-Informations-System: Dimensionierung von Fußgängerverkehrsanlagen (25.05.2018) – https://www.forschungsinformationssystem.de/servlet/is/58074/
- Entfernen von Hindernissen und Barrieren im Gehwegbereich, wie Aufsteller oder andere Werbemittel. Genehmigung von Außengastronomie nur bei ausreichend frei bleibenden Flächen für den Fußverkehr, regelmäßige Begehungen mit Beratung der Anlieger:innen
- Legalisiertes Gehwegparken (Zeichen 315) überprüfen auf Rechtmäßigkeit ("Restgehwegbreite") und bei Unterschreiten Erlaubnis zurückziehen.
- Nachhaltige Kontrolle des ruhenden Verkehrs, ggf. unter Nutzung von Meldemöglichkeiten
2. Fuß- und Radverkehr entflechten
Die "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" (ERA 2010) bilden den Rahmen für die Gestaltung des Radverkehrs. Zu gemeinsamen Fuß- und Radwegen wird dort folgende Aussage getroffen:
"Gehwege sollen dem Fußgängerverkehr ein ungestörtes Fortkommen und einen der Umfeldnutzung entsprechenden Aufenthalt ermöglichen. Radverkehr im Gehwegbereich kann Fußgänger verunsichern oder gefährden. Bei stärkerem Radverkehr kann der Fußgängerverkehr in die Randbereiche der Gehwege gedrängt werden, so dass ihm nur noch Restflächen zur Verfügung stehen.
Auch den Ansprüchen des Radverkehrs wird mit der gemeinsamen Führung oft nur unzureichend Rechnung getragen. Der Einsatz der gemeinsamen Führung mit dem Fußgängerverkehr ist daher nur dort vertretbar, wo die Netz- und Aufenthaltsfunktion beider Verkehre gering ist." (ERA 2010, S. 27).
- Überprüfung aller gemeinsamen Fuß- und Radwege (240, 241, Zusatzschild 239) in Bezug auf zutreffende Ausschlusskriterien, Zahl der Fußgänger und Radfahrer sowie nutzbare Gehwegbreite (ERA 2010, S. 27).
- Bei Nichteinhaltung der Vorgaben sind andere Lösungen für den Radverkehr zu finden.
3. Sicherheit von Fuß- und Radwegen verbessern
Laut Verkehrsunfallstatistik nahm die Zahl der Leichtverletzten im Landkreis Lüneburg von 2020 auf 2021 um fast 6 Prozent zu. Der Unfallatlas zeigtals interaktive Karte, wo Unfälle passiert sind, mit der Möglichkeit, Fahrrad- und Fußverkehrsunfälle gesondert anzuzeigen: https://unfallatlas.statistikportal.de
- schrittweise Überprüfung der Kreuzungen am Stadtring auf Durchlässigkeit und Wartezeit für den Fußverkehr und Überprüfung auf Gefährdung von Fuß- und Radverkehr; ggf. Montieren von Radabstellanlagen auf den Parkstreifen vor der Kreuzung, um den Sichtkontakt zu verbessern
- schrittweise Überprüfung der Hauptunfallstrecken laut Unfallatlas und ergreifen entsprechender Maßnahmen.
4. Konzept für den Fußverkehr in der Hansestadt entwickeln und Beauftragte für Fuß- und Radverkehr ernennen
Der Klimaschutzplan der Hansestadt Lüneburg listet unter "C-Mobilität" 8 Maßnahmen der Hansestadt auf:
- 1 Maßnahme betrifft die Vernetzung der Verkehrsmittel.
- In 3 Maßnahmen geht es um den KFZ-Verkehr.
- 4 Maßnahmen betreffen den Radverkehr.
Für die Stärkung des Fußverkehrs sind bisher keinerlei Maßnahmen vorgesehen. Dem entspricht, dass der Begriff Fußverkehr, Fußwege o.ä. auf den 122 Seiten nur 4-mal überhaupt vorkommt. Hier liegt ein Defizit vor, das auch Konzeption und Planung betrifft.
- Entwicklung eines Konzepts für die Stärkung des Fußverkehrs in Hinblick auf Sicherheit, Barrierefreiheit, Attraktivität, Netzcharakter und Durchlässigkeit
- Ernennung jeweils einer Person als Radverkehrsbeauftragte und Fußverkehrsbeauftragte mit entsprechender Befugnis, um die Lüneburger Verkehrsinfrastrukturen laufend zu überprüfen sowie die genannten Maßnahmen anstoßen und die Umsetzung begleiten und koordinieren zu können.
5. Fahrgastbeirat für den Busverkehr einrichten
Fußverkehr und öffentlicher Verkehr gehören zusammen. Jeder Fahrgast ist gleichzeitig auch ein:e Fußgänger:in.
Damit Buslinien, Haltestellen, Fahrpläne usw. noch besser auf die Bedürfnisse der Fahrgäste abgestimmt werden können, sollte ein ehrenamtlicher Fahrgastbeirat eingerichtet werden als Bindeglied zwischen dem Verkehrsbetrieb, den zuständigen Behörden und den Kunden.
Die Mitglieder des Fahrgastbeirats bringen ihre Erfahrungen rund um das Bus- und Bahnfahren ein und treten in einen konstruktiven Dialog mit den Verantwortlichen zu Fahrplänen, Tarifen und Serviceangeboten sowie zukünftigen Planungen.
Fahrgastbeiräte haben sich inzwischen in vielen deutschen Städten bewährt.
- Netzwerk der Fahrgastbeiräte: https://www.fahrgastbeiräte.de