Der Deutsche Verkehrsgerichtstag, die jährliche Expertenversammlung für Recht, Sicherheit und Verkehrspolitik, hat sich in diesem Jahr mit dem Fußverkehr beschäftigt. Die Titelfrage der Arbeitsgruppe „Fußgänger im Straßenverkehr – Täter oder Opfer?“ fand klare Antworten. Einstimmig beschlossen die mehr als 100 Fachleute in der AG Empfehlungen, die ein starkes Signal für den Fußverkehr senden.
Arbeitskreis VI: Fußgänger im Straßenverkehr - Empfehlungen
"Der Fußverkehr ist zu stärken und als gleichberechtigte Verkehrsart anzuerkennen. Die Attraktivität des Fußverkehrs ist zu steigern. Die Anzahl der Unfälle mit Fußgängern muss deutlich gesenkt werden („Vision Zero“).
Zur Erreichung dieser Ziele fordert der Arbeitskreis VI die zuständigen Stellen auf:
- ausreichende Flächen für den Fußverkehr bereit zu stellen,
- durchgängige und barrierefreie Fußwegenetze zu errichten und dabei einen sicheren und selbsterklärenden Verkehrsraum zu schaffen,
- sichere Querungen dort, wo offenkundiger Bedarf dafür besteht, einzurichten,
- das Parken an Querungsstellen und in Sichtfeldern zu unterbinden,
- Fuß- und Radwege möglichst voneinander zu trennen, insbesondere innerorts,
- Fußgängerzonen möglichst nicht für andere Verkehrsteilnehmer freizugeben,
- längere Querungszeiten und getrennte Grünphasen für Fußgänger und Abbiegeverkehr (konfliktfreie Ampelschaltung) zu schaffen,
- Assistenz- und Schutzsysteme in Kraftfahrzeugen stetig weiterzuentwickeln und verpflichtend anzuwenden, z.B. Systeme, die Fußgänger erkennen und selbst aktiv bremsen können sowie
- die Kontrolldichte und das Sanktionsniveau zu erhöhen sowie Regelverstöße konsequent zu ahnden.
Der Arbeitskreis würdigt die Bemühungen des Bundes und der Länder, den Handlungsspielraum der Kommunen im Straßenverkehrsrecht zu erweitern. Dennoch wird die Bundesregierung aufgefordert, diesen auch für präventive Verkehrssicherheitsmaßnahmen zu öffnen, insbesondere bei Geschwindigkeitsbegrenzungen. Der besondere Gefährdungsnachweis in § 45 Abs. 9 S. 3 StVO ist zu überdenken.
Zudem wird der Gesetzgeber aufgefordert, den Vorrang des Fußverkehrs in § 9 Abs. 3 S. 3 StVO zu stärken und zu verdeutlichen. Die Fußverkehrsstrategie ist zu einem Nationalen Fußverkehrsplan weiterzuentwickeln.
Für die Sicherheit des Fußverkehrs sind Regelkenntnis und -verständnis bei allen Verkehrsteilnehmern zu erhöhen. Kampagnen sowie die haupt- und ehrenamtliche Präventionsarbeit sind zu fördern."
63. Verkehrsgerichtstag, 29.-31. Januar 2025 in Goslar
- Deutscher Verkehrsgerichtstag, 29.-31.01.2025: Fußgänger im Straßenverkehr - Empfehlungen (PDF-Datei)